Wie bei jedem Einkauf endete einer meiner letzten Besuche beim Discounter des Vertrauens an der Kasse, und zwar in der üblichen Warteschlange. Vor mir stand ein etwas älterer Herr, den ich mal auf 60 Jahre oder knapp darüber schätzen würde und was mir sofort auffiel, waren seine Hörgeräte. Ich würde das mal „Berufskrankheit“ nennen.
Nachdem wir unsere Einkäufe bezahlt hatten, sprach ich ihn auf dem Parkplatz an und fragte ihn, ob er denn mit seinen Hörgeräten zufrieden sei. „Sagen Sie bitte nicht Hörgeräte“, antwortete er. „Sagen Sie einfach Lauscher, das gefällt mir am besten.“ Auf meine Frage, warum er dies gerne so hätte, entgegnete er, dass der Begriff „Hörgerät“ total doof sei und er dann den Eindruck hätte, dass er ein alter und kranker Mensch wäre.
Ich kann für die kurze Zeit, in der ich ihn erlebt habe sagen, dass er einen absolut kommunikativen und gesunden Eindruck auf mich machte. Natürlich unterhielten wir uns weiter über seine „Lauscher“ und er erwähnte einige interessante Aspekte. Ganz besonders den, dass er sich schon länger bewusst war, dass er schlechter hört, er aber so lange wie möglich den Gang zu einem Hörakustiker herauszögern wollte. Und dafür hatte er nur einen Grund. Er hatte sehr große Angst, dass ihn den ganzen Tag die Menschen um ihn herum merkwürdig anschauen würden und ihn wegen der „Dinger“ am Ohr nicht mehr ernst nehmen würden.
Ich habe ihn dann gefragt, ob es denn nach seinem Gang zu einem Hörakustiker tatsächlich so abgelaufen sei. „Nein“, antwortete er. „Das war total unbegründet, denn die Lauscher sind ja so klein geworden, dass man sie kaum noch sieht. Und im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich so lange mit dem Gang zum Spezialisten gewartet habe, denn die Dinger sorgen für mich für ein ganz anderes Hörempfinden und Leben. Es ist wieder viel, viel normaler geworden für mich.“
Kurz bevor sich unsere Wege wieder trennten, sagte er mir noch, dass ich in den drei Jahren, in denen er die Geräte nun trägt, der erste sei, der ihn überhaupt anspricht und dass er jedem nur empfehlen könne, nicht zu zögern und bei ersten Anzeichen eines schlechteren Hörens, sofort zu einem Hörakustik-Fachgeschäft zu gehen. Ihm hätte es ein neues, viel normaleres Leben gegeben, auf das er nicht mehr verzichten möchte.
Warum kommt mir diese wahre Geschichte so typisch vor? Wie oft hört man, dass sich Menschen nicht trauen, aber später fast schon Reue zeigen, nicht viel früher den Gang zu einem Fachinstitut gewagt zu haben. Man kann auch an dieser Gegebenheit erkennen, wie sinnvoll doch für Menschen, die eine Hörschwäche haben, der Weg zu einem Hörsystem ist. Denn zum einen bemerkt es kaum noch jemand optisch, zum anderen wird das Leben wieder ein Stück lebenswerter. Und das ist ja ganz besonders toll.