Ein Besuch der größten europäischen Hörgeräte-Fachmesse EUHA

Vom 17. Oktober bis zum 19. Oktober fand der alljährliche Fach-Kongress der europäischen Hörgerätebranche in Hannover statt. Ausdrücklich ist diese Veranstaltung eine Fachmesse, so dass Endverbraucher keinen Zutritt haben, aber ich hatte die Gelegenheit, vor Ort zu sein, um von dieser Messe – nennen wir sie mal jovial "die CeBit der Hörgerätebranche" – zu berichten. Und zwar in möglichst verständlicher Sprache.

Eines vorweg: Die sogenannte EUHA (Europäische Union der Hörgeräte Akustiker) quillt über vor Fachsprache, bei einer Fachmesse aber verständlich, schließlich möchten die tollen Hörgeräteakustiker die technologischen Neuerungen kennenlernen, um den Menschen, die nicht mehr so gut hören, diese neuen Hörgeräte nahe zu bringen und zu erklären.

 

Sehr spannend war es beispielsweise, die einzelnen Hersteller zu fragen, wie sie dem Endverbraucher kurz in zwei Sätzen erklären würden, ihre Hörgeräte nachzufragen. Vorweg: Das schien für die meisten Angesprochenen eine sehr schwere Aufgabe zu sein. Ich habe dafür Verständnis, tummeln sich doch an den drei Tagen ausnahmslos fachkompetente Hörakustiker in der Messehalle, die eben mit Fachterminologie informiert werden möchten. Trotzdem hatte die Fachmesse 2018 natürlich einiges zu bieten, was für Menschen, die sich für ein Hörgerät interessieren, spannend sein dürfte.

 Der deutsche Hersteller Signia präsentierte ein Design-Hörgerät, sehr schlank und in dieser Form noch nie gesehen, welches nur mittels Akku mit Energie versorgt wird. Quasi ein Designstück ohne lästigen Batteriewechsel. Es hört auf den Namen „Styletto“. Das Schweizer Unternehmen Phonak zeigte sein neues sogenanntes Marvel-Hörgerät, das mit nahezu allen Unterhaltungsgeräten zu verbinden ist und so einen herrlichen Zusatznutzen möglich macht.

 

Der amerikanische Hersteller Starkey präsentierte Livio AI, ein Hörgerät, das einen spannenden Zusatznutzen mitbringt. Hat man ein iPhone, kann es in Kombination damit im Ohr die von einem fremden gesprochene Sprache übersetzen. Quasi ein Ohrdolmetscher. Welch hilfreiche Idee, fährt man nach Frankreich oder Italien in Urlaub und beherrscht die dortige Sprache nicht. Das dänische Unternehmen Oticon wartete mit einer Im-Ohr-Variante des erfolgreichen OPN-Hörgerätes auf, so dass man nun den besonderen Klanggenuss auch unauffällig Im-Ohr erleben kann.

3D-Technologie
3D-Technologie

Sehr spannend waren verschiedene Anbieter, die sogenannte 3D-Scanner vorstellten. Hier wird ein Ohrabdruck zu einer individuellen Form digitalisiert, aus der dann ein hochmoderner 3D-Printer die kleine und individuelle Schale eines Im-Ohr-Hörgerätes „druckt“. Diese Technologie gibt es zwar schon länger, sie ist aber immer wieder beeindruckend zu erleben. Dass man mittlerweile beginnt, auch einen Ohrabdruck digital abzunehmen, konnte man bei Otometrics beobachten. Es bleibt spannend, wie sich dies entwickeln wird.

Ein spannender Ansatz, den Menschen, die Berührungsängste zum Hörgerät haben, dieses mit "Hörschmuck" besser zugänglich zu machen. Hochwertige Schmuck-Unikate werden hierbei mit ganz bestimmter Hör-Technologie bestückt und am Ohr tatsächlich wie ein Schmuckstück angebracht. Auch wenn dies eine Nische zu sein scheint zeigt es doch, dass es möglich ist, mit etwas Phantasie den Menschen einen Weg zu moderner Hör-Technologie zu ebnen. 

Hörgeräte werden immer mehr zum begehrten Alltags-Produkt, das sogar untereinander in einen Wettbewerb um eine besondere Auszeichnung treten kann. Zum dritten Male wurde auf der diesjährigen EUHA-Fachmesse die Goldene Concha verliehen. Eine einzigartige Auszeichnung, die verschiedene Hör-Produkte nach Kategorien als beste Produkte eines Jahres prämiert. Ausgelobt wird dieser Preis von einer Einkaufsgemeinschaft, in der inhabergeführte und unabhängige Hörakustik-Fachgeschäfte aufgrund der praxisnahen Erfahrungen ihre Stimme zur Wahl abgeben dürfen. Und wie jedes Jahr erfreut sich diese Auszeichnung für die jeweiligen Hersteller einer ausgesprochen großen Beliebtheit. 

Erwähnt werden soll hier noch der dänische Hersteller ReSound, der eine wunderbare kleine Broschüre mit dem Namen „Sinnvoll Hören“ entwickelt hat, die ausnahmslos dazu dient, Menschen die Vorzüge der Hörgeräte in einfacher und verständlicher Sprache nahe zu bringen. Das ist sehr gelungen.

Ein weiteres Stichwort sei der Akku-Technologie gewidmet. War es vor wenigen Jahren noch so, dass Hörgeräte nur mit Batterien funktionierten, gibt es mittlerweile von jedem Hersteller alternative Produkte, die ihre Energie aus einem Akku beziehen. Das ist sehr bequem und schont die Umwelt. Bleibt zu hoffen, dass Hörgeräte mit Akku-Technologie trotzdem die Möglichkeit bieten, eine Batterie zu benutzen, falls der Akku mal zu schnell entleert ist oder einfach defekt ist. So bliebe das Hörgerät zur Verbesserung des Hörens weiter funktionsfähig. Und dies ist bei allen wichtigen Gedanken an Umwelt und Bequemlichkeit das Wichtigste.

Insgesamt hatte man den Eindruck, dass sich die Hersteller sehr gerne mit Technologie, Technologie und wiederum Technologie beschäftigen, da das Thema Hörgerät plus Smartphone deutlich heraus stach. Bedauerlicherweise bleiben hierbei fast 60% der Zielgruppe 65-plus, die ein Hörgerät benötigen, auf der Strecke, denn nur 40% davon besitzen überhaupt ein Smartphone (Quelle: Statista.de). Doch keine Angst: auch die üblichen Hörgeräte, die klein, farblich und von ihrer Form wunderschöne Helfer sind, waren in beeindruckender Vielfalt vorhanden und sind bei jedem Hörakustik-Fachgeschäft zu bestaunen. Trauen Sie sich, fragen Sie dort einfach nach den neuen kleinen Hörwundern, die auf der Fachmesse EUHA vorgestellt wurden. Ihre Ohren werden Augen machen.

 

Einen kleinen Eindruck, wie es auf der größten europäischen Hörgerätemesse zugeht, vermitteln die verschiedenen Standbilder.

Bilder: Andreas Lindackers